Leselisten und ungewöhnliche Lesegewohnheiten (Teil 2)

Im zweiten Teil zu Leselisten und Lesegewohnheiten geht es mehr um den eigentlichen Vorgang, wie ein Buch fürs Lesen in Frage kommt. Dabei beleuchte ich verschiedene Faktoren, die dazu führen, dass sich bewusst für ein Buch entschieden wird. Ach übrigens, meine aktuelle Leseliste seht ihr im Beitragsbild zu diesem Blogbeitrag. Diese ist variabel und andere Bücher, können sich auch rasch dazwischen schmuggeln. Wie das vor sich geht, lest ihr im Verlauf des Beitrages. Und noch ein kleiner Hinweis: Die verbildlichte Leseliste aus dem 1. Teil zu Leselisten und Lesegewohnheiten ist bis auf „Braut der Schatten“ von Kresley Cole und „Magie“ von Trudi Canavan von mir weggelesen worden. Ich muss dazu gestehen, dass auf dem Bild nicht alle Bücher zu sehen waren und sich aus meinen Vorlieben heraus auch noch andere Titel zwischen diese Titel gemogelt haben. Aber ich glaube, so geht es vielen Lesern!

Der Prozess des Auswählens aus der Leseliste

Wenn ich mir in letzter Zeit ein neues, zu lesendes Buch aus meiner zumeist imaginären Leseliste ausgesucht habe, dann kam es aus dem Bereich Liebesromane zu historischen Zeiten in Großbritannien oder aus dem großen Gebiet der Fantasyliteratur. Historische Romane und Sachbücher sind hin und wieder dabei, so dass es abwechslungsreicher von den Themen wird.

Ein Buch, das von mir gelesen werden will muss mich auf vielerlei Hinsicht ansprechen, so dass ich es auch weiterempfehle! Wie es das macht? Ganz einfach! Es gibt hierfür meinen eigenen ganz speziellen Punkteplan, den es als Test bestehen muss.

Zuerst schaue ich mir das Cover an: wie lautet der Titel, welches Titelbild wurde gewählt, passt das Titelbild zum Titel und harmonisiert alles miteinander (1.). Hat es mich in seinen Bann gezogen, lese ich mir auf der Rückseite die Inhaltsangabe durch (2.). Wenn sie mich über die kurze Beschreibung zur Handlung des Buches neugierig macht, schaue ich nach Klappentexten auf dem eventuell vorhandenen Umschlag oder suche mir eine weitere Inhaltsangabe oder informative kurze Texte zur Autorin, zum Autor oder den Autoren am Anfang oder am Ende des Buches (3.). Nachdem dies von mir geprüft wurde, lese ich innen mögliche weitere Inhaltsübersichten, sehe mir die Seitenmenge an oder überfliege andere Begleittexte (4.). Die eigentliche Geschichte wird noch nicht angelesen. Sollte ich noch unschlüssig sein, ob es genau dieses Buch werden soll, durchlaufen ein bis drei weitere Bücher in gleicher Weise diesen Punkteplan (5.). Wurde ich an diesem Punkt überzeugt, dass es an der Zeit ist, es zu lesen, schlage ich es am Beginn auf (6.). Ist die Entscheidung auf ein Buch gefallen, hat diese eventuell die folgenden Ergebnisse: Ich befasse mich derzeit mit einem ähnlichen Thema, es ist witzig geschrieben, es bietet Spannung pur, es soll aufgrund von Platzmangel aus dem Bücherregal heraus oder es ist einfach der richtige Zeitpunkt dafür, dass ich es endlich lese. Eine meiner Angewohnheiten ist auch, nach den ersten gelesenen Seiten an den Schluss zu blättern und die letzten ein bis drei Absätze des Endes zu lesen (7.). Ich möchte meistens wissen, wie der Roman ausgeht. Meist lese ich in kontinuierlicher bzw. zeitlicher Reihenfolge. Bei mehreren Handlungssträngen, Abbrüchen der Szene oder spannenden wie nebensächlicheren Ereignissen, kann es schon mal passieren, dass ich einfach überfliegend weiterblättere, um aufzuschnappen, wo die Geschichte hinführt (8.). Bisher bin ich immer damit gut gefahren und ich habe noch kein Buch angelesen zur Seite gepackt.

Ich möchte meine Bücher zu Ende lesen und ich lese meist nur einen Roman. Das hat seinen Grund, denn ich möchte mit der Handlung oder den Hauptfiguren einer Geschichte nicht durcheinanderkommen, ich möchte mitfiebern und ich mag „Happy Ends“ einer Story. Bei Sachbüchern können es schon mal zwei bis drei Werke sein, die ich gleichzeitig anlese. Dies geschieht allerdings quer durch das ganze Werk oder mehrere Werke (9.). Und wenn mich ein Buch richtig gefesselt, begeistert, mein Wissen erweitert oder auch bei einem Problem geholfen hat, dann empfehle ich es mit Freude weiter (10.)!

Hier die Übersicht zu meinem persönlichen Punkteplan für die Auswahl eines zu lesenden Buches:

  1. überzeugendes Cover
  2. interessante Inhaltsangabe
  3. wissenswerte Infotexte
  4. Prüfung von Inhaltsübersichten und Seitenmenge
  5. Vergleich weiterer Bücher bei Unschlüssigkeit
  6. Lesestart am Beginn der Geschichte
  7. Schluss lesen
  8. Weitere Handlung überfliegen
  9. einen Roman zu Ende lesen, Sachbücher Querbeet lesen
  10. Lesern gute Bücher weiterempfehlen

Ich kenne von einigen anderen Lesern, dass zu lesende Bücher und die hierfür praktizierten Lesegewohnheiten auch völlig anderer Art sein können. Eine Freundin liest ihre Bücher nicht vollständig und überspringt Textbereiche, wenn Sie ihr unwichtig erscheinen. Wieder eine andere Bekannte liest verschiedene literarische Textsorten nebeneinander. Das machen auch einige Buchblogger nur mit Büchern ihrer Leselisten für Lesechallenges.

Eine Autorengruppe und ihre Leselisten

In der freien Autorengruppe „Die Schreiberlinge“ aus Nürnberg haben sich verschiedene Typen von Lesern herauskristallisiert. Spontanleser ohne irgendeine Leseliste bis hin zu Leselistenliebhaber, die auch den Inhalt von Büchern regelrecht in systematischer Art zerpflücken, sind darunter. Diese beiden genannten besonderen Lesetypen können in allen Altersstufen vorkommen und diese möchte ich genauer beleuchten.

Spontan ein Buch zu lesen kann sehr spannend sein, vor allem, wenn man an keine feste Leseliste, ob im Kopf, haptisch vorhanden oder auf Papier gebannt, existiert. Der Spontanleser entdeckt seine Bücher auf unterschiedliche Art und Weise. Entweder wird ihm ein Buch empfohlen oder geschenkt, er tauscht vorhandene Titel gegen neue Titel ein, trifft auf das nächste zu lesende Werk auf einem Flohmarkt, in der Buchhandlung, in einem Supermarkt bzw. bei Oxfam oder er erfährt darüber etwas in einer Zeitschrift, er wird über Werbung darauf aufmerksam oder liest Rezensionen, Buchkritiken, Leselisten anderer Leser bzw. Bestsellerlisten, er besucht eine Literaturveranstaltung, er wird in einem Buchblog inspiriert oder stößt in den sozialen Medien wie Facebook, Pinterest, Instagram etc. auf das Büchlein seiner folgenden Lesewahl. Welch eine Vielfalt, um inspiriert zu werden, die sicherlich nicht vollständig ist! Mir fällt da gerade noch ein, dass ein Spontanleser auch die Angewohnheit hat, ein Buch vor sich her zu schieben, da man eigentlich immer Lust auf etwas anderes zum Lesen hat. So war es bei mir in meiner Jugend jedenfalls.

Die Entscheidungsfindung für den spontanen Leser gerade dieses neue oder auch alte Buch zu lesen, ist ebenso unterschiedlich wie wo ein betreffender interessanter Titel entdeckt wurde. Meistens beschäftigt man sich schon eine längere Zeit mit einem bestimmten Thema, worüber man konkretere Informationen oder Ausführungen weitestgehend übers Internet gefunden bzw. bis dato nichts gelesen hat. Man hat eher Lust auf das aktuelle Thema, anstatt etwas Althergebrachtes zur Hand zu nehmen. Ich persönlich bin zu Beginn eines derartigen Interesses an einem Thema bewusst und unbewusst auf der Suche danach. Wenn ich erste Berührungspunkte damit hatte und weiß wo ich dazu weiterforschen kann, dauert dies mitunter recht lange, bis ich alles erfahren habe, was ich wissen möchte und völlig gesättigt bin. Dabei treten andere Leseinteressen in den Hintergrund.

Weniger häufig gibt es diejenigen Spontanleser, die eine Weile nach dem nächsten Buch suchen oder dieses von jemandem zum empfohlenen Lesen geliehen bekommen. Manche lesen kein einziges selbst gekauftes Werk, sondern lassen einfach die Zeit für sich arbeiten, bis der nächste Titel auftaucht. Andere sind begeisterte Büchertauscher im Verwandten-, Freundes- und Bekanntenkreis oder gehen gerne zu Bücherschränken, in denen man nach Herzenslust stöbern kann.

Der zweite Lesertyp, auf den ich eingehen möchte, ist der Intensivleser, der auch als Dauerleser, eine große Menge an Büchern im Jahr bewältigt und gerne eine oder mehrere Leselisten führt. Dieser hat mich am Meisten überrascht, da seine Lesegewohnheiten außergewöhnliche Züge annehmen kann. Gelesen werden Bücher verschiedener Genres, angefangen von Belletristik und Lyrik über Phantastik und Kinderbüchern bis hin zu Biografien und Sachbüchern.

Bei den Schreiberlingen gab es eine Autorin, die ihre zu lesenden bzw. gelesenen Bücher analysiert. Von mir kenne ich das auch, da ich dies gerne im Kopf mache, aber seltener ein Moodboard auf einem Tisch zusammenstelle, doch sie hat eine ganz kreative Art gefunden, um ihre Analyse bildlich oder schriftlich festzuhalten. Sie macht Diagramme und Pläne, um ein Werk systematisch auseinanderzunehmen. Dabei nimmt sie nicht nur die Handlung unter die Lupe oder fasst sie kapitelweise zusammen. Sie möchte herausbekommen, was wer gemacht hat, wo er oder sie war, ist die Reihenfolge Handlung korrekt, wurden falsche Zeiten verwendet, Personen oder Handlungsorte vertauscht und wie ist der Spannungsbogen einer Handlung aufrecht zu erhalten, damit man das Buch nicht beiseitelegt. Ebenfalls erforscht sie auch die Schreibe des Autors, spürt die Nahtstellen im Text auf, findet die Inspirationsquellen, rekonstruiert das Vorgehen des Autors bei seinem Schreibprozess und entdeckt sogar Änderungen des Lektors. Das daraus gewonnene Wissen nutzt sie effektiv für das Schreiben ihrer eigenen Texte. Ich bin von dieser Art der prüfenden Recherche sehr fasziniert und habe sie gefragt, ob sie mir noch mehr darüber erzählen kann. Ich bin schon sehr gespannt auf weitere Infos.

Zurück aber zum verbreiteteren Intensivleser, der sich gerne mehr Bücher kauft, als er gerade lesen kann und dessen Bücherschrank mehr ungelesene als gelesene Bücher enthält. Bei mir als intensiver Leser habe ich vor Kurzem meine Stapel ungelesener Bücher in meinen Bücherregalen, also die SuB; durchgesehen und gezählt, es sind mittlerweile über 100, die ich noch vor mir habe. Grob geschätzt sind das 3 bis 4 Jahre, in denen ich noch mit Lesestoff versorgt bin, kein Buch kaufen oder ausleihen muss oder mir Sorgen machen muss, dass es nicht reicht, was zum Lesen bei mir rumliegt. Sicherlich werden aber die einen oder anderen Bücher in den nächsten Monaten dazukommen müssen, da ich leider das Pech oder Glück habe, bei der Fantasyliteratur oft die mehrbändigen Exemplare zu erwischen. Von über 15 Serien sind mindestens 12 derzeit zu vervollständigen. Wenn meine Berechnungen stimmen, so bin ich dann auf lange Sicht über 5 Jahre beschäftigt, um alle zu konsumieren. Eine meiner Lesegewohnheiten ist es zudem, dass ich bis auf wenige Ausnahmen, meine Bücher immer nur einmal lese. Mein 5-Jahresplan steht also schon mal fest! Naja, sicher gibt es da die eine oder andere Ausnahme, die mich davon abhalten wird, diese zukünftige Lesekarriere durchzuhalten. Ich bin jedenfalls optimistisch, dass es machbar und schaffbar ist.

Der Intensivleser erwirbt seine Bücher auf verschiedenen Wegen. Sie werden neu oder gebraucht gekauft, getauscht, geliehen oder sie werden einem geschenkt. Manchmal laufen sie einem einfach so zu. Kann auch passieren. Ein Dauerleser kann sowohl verliebt in die Haptik sein oder wegen zahlreicher Vorzüge digital lesen. Bestimmte Themen oder Autoren werden bevorzugt, allerdings werden Werke anderer Richtungen nicht unbedingt ausgeschlossen, sondern in die vorhandene Leseliste integriert, für eine bestimmte Jahreszeit bzw. freie Zeit zurückgelegt oder für irgendwann zum Lesen in den Bücherschrank aufgenommen. Im Schnitt besitzt ein Dauerleser um die 1000 Bücher, einige mehr oder weniger spielt dabei keine Rolle, da Bücher weitergegeben werden und auch dazukommen können. Man ist als Dauerleser auch ein Stück weit ein Büchersammler und vor allem Bücherliebhaber, der der Leidenschaft Lesen ausgiebig nachgeht.

Mein Resümee

Egel welcher Lesertyp man ist, ob man eine Leseliste hat oder nicht und wie man seine Bücher liest, so gibt es doch viele Gemeinsamkeiten und einige faszinierende Unterschiede. Wichtig ist aber, dass man gerne liest und anderen Werke zum Lesen empfiehlt. Ich bin der Meinung, dass das Lesen und die Leser eine spannende Angelegenheit darstellen, bei der sich immer wieder Neues feststellen lässt. Leselisten können sehr inspirierend sein und die Lesegewohnheiten der anderen lassen uns Leseratten immer wieder staunen. Ich wünsche jedenfalls jedem viel Freude beim Lesen der facettenreichen Literatur unserer einzigartigen Welt!