Lesungsportale in der buchwissenschaftlichen Betrachtung

Da es bisher zum Thema Lesungsportale nur eine Abhandlung aus der Vorlesungsreihe „Alles Buch“ der Erlanger Buchwissenschaft gibt, möchte ich in meinem Blogbeitrag als Buchwissenschaftlerin ausführlicher darüber berichten.

Zuerst werden allgemeine Aspekte erläutert: Was ist ein Lesungsportal? Welche Funktion hat es im Literaturmarketing? Und anhand von Beispielen soll herausgestellt werden, wer die Nutzer sind bzw. welche Zielgruppen werden angesprochen.

Ein Lesungsportal ist in erster Linie eine webbasierte Plattform, auf der literaturaffine Nutzer Veranstaltungstermine rund ums Buch finden können. Aus begrifflicher Sicht gehört es zu den Eventportalen, die alle weiteren Themenbereiche angefangen von Musik bis hin zum Sport vielfältiger aufgestellt sind.

Verlage, Buchhandlungen, Autoren, Literaturveranstalter und andere Buchbranchenteilnehmer, die auf Termine hinweisen möchten, bedienen sich dieses webbasierten Instrumentes zur Informationsbündelung. Als ein wesentlicher Bestandteil des Literaturmarketing ist das Lesungsportal im digitalen Zeitalter unverzichtbar geworden. Es setzt Literaturinteressierte über neue Medien in Kenntnis, ermöglicht einen persönlicheren Kontakt zu Literaturschaffenden und bietet vor allem aber erlebnisreiche Erinnerungen mit positiver Sicht auf Bücher. Grundlage hierfür ist jeweils ein literarisches Event als eine zeitlich und örtlich begrenzte Informationsveranstaltung.

Nachfolgend sind Lesungsportale mit den wichtigsten Infos und einer Einschätzung zur Nutzerfreundlichkeit und den angesprochenen Zielgruppen aufgeführt.

LitEvent – Literatur erleben

Seit 2014 online bietet LitEvent eine große Auswahl an verschiedenen Veranstaltungsarten, wie Lesungen, Ausstellungen, Vorträgen, Buchpräsentationen, Diskussionen, Signierstunden und anderes mehr. Auf Grundlage einer Datenbank mit vielseitigen Funktionen richtet sie sich an Verlage, die hiermit eine passende und einfache Lösung für ihr Eventmanagement gefunden haben. Die angezeigten teilnehmenden Verlage nutzen diesen Service. Ziel dieser Plattform ist es aktuelle Daten zu Veranstaltern zu pflegen. Diese Kontakte können eingesehen werden, beziehen sich allerdings eher auf die Veranstaltungsorte der Literaturevents.

Literaturaffine Nutzer dieses Lesungsportals erwartet auf der Startseite neben einer ausführlichen Suchfunktion zu Autor, Titel und Ort sowie einem Kalender eine Ergebnisliste zu den Veranstaltungen für den aktuellen Tag. Die einzelnen Termine verfügen oftmals über ein Coverbild, einer kurzen Veranstaltungsinfo und dem Veranstaltungsort sowie der Uhrzeit. Im Termin selbst findet sich eine Erweiterung der bisherigen Daten im Hinblick auf weitere Titel zum Autor mit den dazugehörigen inhaltlichen Angaben, der ISBN, dem Verlag und dem Preis.

Die Userfreundlichkeit dieser Seite liegt in dem einfachen und übersichtlichen Aufbau mit visueller Unterstützung durch die Buchcover begründet. Zudem ist LitEvent für literaturaffine Handynutzer als App über den Google Play Store verfügbar und über den LitEvent Club sind regelmäßig Newsletter beziehbar. Was allerdings sehr schade ist, sind fehlende Neuigkeiten. Die letzten stammen aus dem Jahr 2014.

LesenLive – Das Lesungsportal

Als Teil von Orbanism von Leander Wattig gibt es dieses Lesungsportal seit 2015. Auf der Startseite finden sich Videos zu Lesungen und  Verlinkungen zu anderen Websites mit Literaturveranstaltungen. Eher auf Veranstaltungsevents ausgerichtet, versteht sich dieses Lesungsportal als Informationsplattform für Lesungen.

Über die Auswahl eines Videos zu einer Lesung gelangt der Nutzer in einen Unterbereich der Internetseite, die das Video mit einem längeren Informationstext sowie Quellenangabe zeigt. Rechts daneben ist immer ein wechselnder Buchtipp mit Verlinkung auf die Händlerseiten Amazon, Thalia und eBook.de sowie einer Schlagwort-Cloud namens Video Kategorien mit wichtigen literarischen Suchbegriffen aufgeführt. Literaturfans, die einen Autor nicht live erleben konnten, finden hier über die Mitschnitte eine Auswahl!

VolksLesen.TV – Bibliothek und Panoptikum des Lesenden Volkes

Als Internetfernsehen zu Lesungen ist diese Webseite eine Art Sammlung zum Thema kulturelles Lesen zu verstehen. Nach Ort und Jahr zusammengefasst sind hier Veranstaltungen der Jahre 2008 bis 2013 zusammengetragen worden, bei denen lesende Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten Texte einem literatur- und leseinteressierten Publikum präsentieren. Dieser kleine zeitliche Einblick in das Literaturgeschehen wird über dieses Internetarchiv bewahrt. Sicher hat die Literaturplattform Potential, wenn sie in Zukunft wieder regelmäßig weiter befüllt werden würde!

Wer liest wo  – Lesungen & literarische Veranstaltungen in der Schweiz

Gegründet vom Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verband SBVV und betreut von LiteraturSchweiz gibt es dieses Portal seit einigen Jahren. Es richtet sich an Buchhandlungen, Verlage, Literatur-Veranstalter, Bibliotheken, Autoren etc. und bietet nicht nur deutschsprachige Veranstaltungen, sondern auch Events für literaturbegeisterte Franzosen und Italiener. Das Lesungsportal ist sogar schnittstellenfähig, das heißt wer Literaturveranstaltungen hier veröffentlichen möchte, kann mit „Wer liest wo“ in Kontakt treten und über eine Schnittstelle Termine zur Verfügung stellen.

Auf der Startseite ist über eine Suche mit „Wer & was“, „wo“ und „wann“ nach den Veranstaltungen eine Filtermöglichkeit vorhanden. Auch nach den Regionen, die  im unteren Bereich vorhanden sind, können Ergebnislisten mit relevanten Events aufgerufen werden.

Eine chronologisch geordnete Übersicht zu allen aktuellen Veranstaltungen kann über den Menüpunkt „Alle Veranstaltungen“, auch im unteren Bereich der Startseite befindlich, aufgerufen werden. Die wichtigsten Angaben zu Datum, Uhrzeit, kurzen Veranstaltungsinfos und dem jeweiligen Veranstaltungsort verschaffen dem Nutzer schnell zu erfassende Informationen. In den Terminen werden ausführlichere Texte oftmals durch Buchcover, Autorenfotos oder Veranstaltungsbilder begleitet. Zudem sind die möglichen Veranstaltungskosten angegeben, Kontaktmöglichkeiten für Tickets bzw. Reservierungen können genutzt werden und ein verlinkter Lageplan zur Webseite seach.ch ermöglicht. Pluspunkte für Nutzer stellen die E-Mail- und Webseiten-Verlinkungen dar.

Wer liest wann wo – Das Lesungsportal für Deutschland

Der Piepmatz Verlag, unter der Leitung von Sandra Vogel, hat das kostenlose Lesungsportal über den Sommer 2010 ins Leben gerufen. Ob kleiner oder großer Buchbranchenteilnehmer, die Plattform richtet sich an alle, die etwas mit Literatur zu tun haben. Hier steht auch eher der Content ohne Buchcover oder andere Bilder zur Literatur im Vordergrund, also die wichtigen Infos zu den Terminen rund ums Buch. Gleich auf der Startseite findet sich die Aussage „Bücher sind Leidenschaft“, die als Botschaft den Nutzern die Liebe zur Literatur vermittelt. Die Startseite bietet aber nicht nur das, sondern es gibt einen Kalender, eine Schlagwort-Cloud zu den Veranstaltungsorten und eine Suchoption, die zu den Buchterminen über eine Ergebnisliste führen.

Als besonderen Service wird eine Termin- und Adressrecherche und seit 2019 Buchwerbung über ein Partnerprogramm mit einer Buchhandlung für jeden Termin betrieben. User sollen alle wichtigen Informationen auf einen Blick in jeder Veranstaltung vorfinden, ohne lange auf der Internetseite oder anderswo im World Wide Web suchen zu müssen.

Bei freien zeitlichen Kapazitäten kann ein Link zur Verfügung gestellt werden, der regelmäßig abgefragt wird, oder wer mit helfen möchte, kann selbst über den Menüpunkt „Lesung eintragen“ auf der Startseite, seine Events vermerken und freischalten lassen. Und wer von den mitmachenden Verlagen, Buchhandlungen, Literaturinstitutionen, Autoren etc. sein Logo präsentieren möchte, findet über die Startseite den Bereich „Wer macht mit“.

Fazit

Jedes genannte Lesungsportal spricht eine bestimmte Zielgruppe an, jene die zu den Events gehen, diejenigen, die sich über Videos eine Lesung ansehen möchten, oder solche, die sich über das Literaturgeschehen informieren möchten. Als Bindeglied zwischen Literaturbetrieben und Literaturinteressierten beziehen sie mit wachsender Bedeutung als Kommunikationsmittel Position. Es werden Nutzer mobiler Endgeräte angesprochen, aber auch Nutzer, die ins Internet über PC oder Laptop gehen. Sie sind für viele Literaturfans nicht mehr wegzudenken.

Ich möchte die Lesungsportale nicht missen, denn Sie bringen die Literatur näher zum Leser!